„Ein wichtiger Impuls für die Erinnerungsarbeit“
Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds unterstützt 135 neue deutsch-tschechische Projekte
Pressemitteilung, 29. Juni 2022
(Prag) Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds hat grünes Licht für 135 neue gemeinsame Initiativen von Bürgern beider Länder gegeben. Der Verwaltungsrat des Fonds bewilligte dafür am Dienstag Fördermittel in Höhe von insgesamt 940 785 Euro.
Die Verwaltungsratssitzung besuchte auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer während seiner Prag-Reise.
Mehrere der Vorhaben kommen von nichtstaatlichen Organisationen aus dem Bereich der Erinnerungsarbeit, für die der Zukunftsfonds Anfang des Jahres ein Sonderförderprogramm ausgeschrieben hatte.
„Die Resonanz auf dieses Sonderförderprogramm zeigt, dass der Fonds damit den richtigen Nerv getroffen und einen wichtigen Impuls für die Erinnerungsarbeit gesetzt hat. Denn viele Organisationen aus diesem Bereich kämpfen mit Unterfinanzierung und stehen zugleich vor der schwierigen Herausforderung, nach neuen Wegen und Formaten für ihre Arbeit suchen zu müssen, da die letzten Zeitzeugen nach und nach sterben“, betonten Rita Hagl-Kehl und Jindřich Fryč, die beiden Co-Vorsitzenden des Verwaltungsrats.
Zusätzlich zu den vom Verwaltungsrat bewilligten Projekten hat der Zukunftsfonds in den vergangenen Wochen zwei Dutzend weiterer deutsch-tschechischer Projekte über seine Sonderförderprogramme Re-Start und Gemeinsam der Ukraine helfen unterstützt, die Antragstellung innerhalb einer verkürzten Frist ermöglichen. Beide Sonderförderprogramm wurden vom Verwaltungsrat verlängert.
Auswahl aktuell bewilligter Projekte:
GEMEINSAM DER UKRAINE HELFEN
Kunsttherapeutische Workshops für Flüchtlinge aus der Ukraine
Um Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine den Umgang mit ihren Traumata zu erleichtern, haben die Vereine Zenárna aus Kutná hora und EUROPA MAIDAN LEIPZIG e.V. sechs kunsttherapeutische Workshops in verschiedenen Orten in der Region Kutná Hora veranstaltet, wo sich eine der größten Flüchtlingsunterkünfte befindet.
Rund 50 ukrainische Mütter und Kinder konnten sich in Form von Land Art, Keramik, Modellieren mit Ton, Zeichnen und Malen in nonverbaler Form mit ihren traumatischen Erlebnissen auseinandersetzen. Das Know-how für diese psychosoziale Hilfe mittels Arttherapie erhielt der tschechische Verein vom deutschen Partnerverband, der über mehrjährige Erfahrung im Umgang mit Geflüchteten aus der Ukraine verfügt.
Der Zukunftsfonds unterstützte das Vorhaben im Rahmen seines Sonderförderprogramms „Gemeinsam der Ukraine helfen“ mit einer Summe von 99 000 CZK.
Hilfe vor Ort
Der Freie Schulträgerverein SCHKOLA aus Zittau und die Grundschule ZŠ Lidická aus Hrádek nad Nisou (Grottau) haben in ihren Schulen zwei Spendensammlungen zu Gunsten von Bürgern in der Ukraine organisiert. Die gespendeten Schulsachen, Kleider, Hygienemittel und Verbandsmaterial sowie Lebensmittel aus den Fördergeldern des Zukunftsfonds wurden vom Projektkoordinator Kamil Prishing mit einem Mikrobus selbst in die Ukraine gebracht und dort persönlich an eine Partnerschule im westukrainischen Szernye/ Serne übergeben. Mit dieser Schule hat SCHKOLA bereits in der Vergangenheit Kontakte gepflegt und schon einmal eine Spendenaktion organisiert. Die Schule hilft nun ukrainischen Flüchtlingen, die aus dem Osten des Landes geflüchtet sind und nun in der Schule auf den Frieden warten. Mit der persönlichen Übergabe der gespendeten Hilfsmittel möchten beide Projektpartner ein symbolisches Zeichen der Unterstützung für ukrainische Bürger setzen.
Der Zukunftsfonds hat diese Spendenaktion im Rahmen seines Sonderförderprogramms „Gemeinsam der Ukraine helfen“ mit einem Beitrag von 2970 Euro unterstützt.
RE-START
AHOJ Festival - Begegnung im Grünen
Auf einem dreitägigen deutsch-tschechischen Open-Air-Festival in Zittau haben der Zittauer Verein Schwalbentanz und das Theaterkollektiv Imjoy aus Liberec (Reichenberg) Menschen aus beiden Ländern in sommerlicher Atmosphäre zusammengebracht, um das deutsch-tschechische Gemeinschaftsgefühl sowie das Bewusstsein für die besondere kulturelle Vielfalt im Dreiländereck zu stärken. Das Programm umfasste ein breites Spektrum deutscher und tschechischer Theater- und Musikbeiträge sowie Installationen, Workshops, Familienangeboten und Sprachanimationsspiele.
Der erste Jahrgang des Festivals im letzten Jahr stieß nach der Corona-Pause bei den Bewohnern des Grenzgebiets auf große Resonanz. Die Planung des diesjährigen Jahrgangs war aufgrund der unsicheren Corona-Lage erst kurzfristig möglich, der Zukunftsfonds konnte das Festival aber dank seines flexiblen Sonderförderprogramms RE-START unterstützen.
Die Fördersumme des Zukunftsfonds für dieses Festival betrug 4000 Euro.
Interkultureller Akrobatik Austausch: Sweet Summer Acro Festival & Czech Acro Camp
Der Berliner Verein Cameo Acrobatix und sein tschechischer Partner Prague Acro School haben sich in zwei Workshops auf die gemeinsame Teilnahme an internationalen Akrobatik-Festivals in beiden Ländern vorbereitet - am Sweet Summer Akrobatik Festival in Deutschland sowie am Czech Acro Camp. Beide Veranstaltungen richten sich vor allem an junge Erwachsene unterschiedlicher Herkunft aus ganz Europa und sollen zur Vernetzung, zum interkulturellen Austausch und zur gemeinsamen Perfektionierung von Fähigkeiten beitragen.
Die Vorbereitungs-Workshops waren auch für ukrainische Flüchtlinge geöffnet.
Nachdem die Planung bis in den April hinein speziell auf deutscher Seite unsicher war, ermöglichte der Zukunftsfonds eine Förderung im Rahmen seines flexiblen Sonderförderprogramms RE-START.
Der Zukunftsfonds bezuschusste die Begegnungen mit 3000 Euro.
DIALOGE, KULTUR, JUGEND
Zusammen gegen Vorurteile: Virtuelle Realität des Lagers in Lety bei Pisek als Lehrmittel über die Geschichte der Sinti und Roma
Um jungen Menschen den Holocaust an den Sinti und Roma und die Gefahren von Antiziganismus in anschaulicher und verständlicher Form zu vermitteln, hat die Prager Organisation ROMEA ein virtuelles Modell entwickelt, das die Realität im ehemaligen Roma-Konzentrationslager Lety simuliert und erklärt. Dieses innovative Lehrmittel möchte ROMEA nun im Rahmen mehrerer Workshops ihrem deutschen Partner, dem Berliner Verein RomaTrial vorstellen und es mit ihm gemeinsam weiterentwickeln. Ziel ist es, eine deutsche und englische Version des virtuellen Modells zu erstellen und im Unterricht auszuprobieren.
Die deutschen Lektoren werden wiederum in den gemeinsamen Workshops ihren tschechischen Kollegen pädagogisches Know-how bei der Vermittlung des Holocausts weitergeben.
Der Zukunftsfonds unterstützt das Vorhaben im Rahmen seines Sonderförderprogramms für nichtstaatliche Erinnerungsinstitutionen mit 315 850 CZK.
HINDLE. Zwischen Prag und München, damals und heute.
Der Verein Chodsko žije! plant auf dem Marktplatz von Domažlice (Taus) den Aufbau eines Zentrums zur Geschichte der Region Chodsko (Chodenland) und des Grenzlandes mit vielfältigen deutsch-tschechischen Aktivitäten für eine Öffentlichkeit auf beiden Seiten der Grenze. Ziel ist es, bei den Bewohnern des Grenzgebiets das Bewusstsein für sensible Kapitel der gemeinsamen Geschichte von der Mitte des 19. Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts zu schärfen, die Verbundenheit mit der Region zu festigen und einen Raum für gegenseitiges Kennenlernen und Verständnis zu schaffen.
Konkret sind etwa Ausstellungen, Vorträge, Filmvorführungen und Exkursionen geplant, durch die Einbeziehung von Zeitzeugen und Experten soll die gemeinsame Geschichte auch auf interessante Weise an die Schulen gebracht und etwa gemeinsame Projekttage zwischen Partnerschulen auf beiden Seiten der Grenze organisiert werden.
Der Zukunftsfonds bezuschusst das Vorhaben im Rahmen seines Sonderförderprogramms für nichtstaatliche Erinnerungsinstitutionen mit einer Summe von 499 944 CZK.
Weiter unterstützte der Zukunftsfonds im Rahmen dieses Sonderförderprogramms folgende nichtstaatliche Erinnerungsinstitutionen:
Institut Terezínské iniciativy (Institut Theresienstädter Initiative)
Multikulturní centrum Praha (Multikulturelles Zentrum Prag)
Schola Fidentiae - Škola s(ebe)vědomí
DoKrajin
Nadační fond pro zbudování a provozování Dokumentačního centra holokaustu na Moravě (Stiftungsfonds für die Errichtung eines Doklumentationszentrums für die Geschichte des Holocaust in Mähren)
Hillersche Villa
Collegium Bohemicum
Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-1945 e.V.
Spolek Time machine Česko (Verein Time machine Tschechien)
Prager Theaterfestival deutscher Sprache, 27. Jahrgang
Dank des Prager Theaterfestivals deutscher Sprache sind Inszenierungen deutscher Theater schon längst selbstverständlicher Bestandteil des Prager Kulturherbstes. Darüber hinaus hat sich das Festival im Laufe der Zeit den Ruf eines innovativen Kulturereignisses erworben, das nicht nur der tschechischen Theaterproduktion wichtige Impulse liefert, sondern auch die Auffassung der breiten Öffentlichkeit von Kultur beeinflusst. Vor allem das hohe künstlerische Niveau, der innovative Zugang und die Aktualität der Stücke stoßen beim Publikum auf breite Resonanz.
Für den diesjährigen 27. Jahrgang ist neben mehreren Spitzeninszenierungen u.a. von den Münchner Kammerspielen (Projektpartner), dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg und der Theatergruppe Rimini Protokoll ein Off-Programm mit Diskussionen, szenischen Lesungen, Workshops, Vorträgen, einer Ausstellung und einem Theaterausflug geplant.
Der Zukunftsfonds unterstützt das Festival als Generalpartner mit einer Summe von 110 000 Euro.
Heilung der Auswirkungen der Krise
Die Waldorfschule aus Semily (Nordböhmen) hat das Thema des Jahres aufgegriffen, das der Zukunftsfonds für 2022 ausgerufen hat („Veränderte Welt – wie gehen wir damit um?“) und veranstaltet dazu eine mehrtägige Schülerbegegnung mit ihrer neuen Partnerschule, der Waldorfschule aus Seewalde in Mecklenburg-Vorpommern. Das Treffen war ursprünglich schon für letztes Jahr geplant, musste aber wegen der Pandemie verschoben werden. In der Zwischenzeit waren die Schüler miteinander in Briefkontakt. Bei der jetzigen Begegnung werden vor allem der direkte Austausch sowie gemeinsame sportliche Aktivitäten im Vordergrund stehen, die während der Corona-Zeit vernachlässigt werden mussten. Die Schulen möchten dadurch negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Schüler, wie etwa verstärkter Abhängigkeit von digitalen Medien sowie sozialer Vereinsamung entgegenwirken.
Der Zukunftsfonds fördert das Projekt im Rahmen seiner Sonderausschreibung zum Thema des Jahres mit 75 940 CZK.
Weitere Informationen und Kontakt:
Silja Schultheis
Mail: silja.schultheis@fb.cz
Tel: +420 737 505 790
www.zukunftsfonds.cz