Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds feiert in diesem Jahr sein 15-jähriges Bestehen. Über die Jubiläumsfeier in Berlin hat Radio Prag bereits berichtet. An diesem Montag wird auch in der tschechischen Hauptstadt gefeiert – Radio Prag hat aus diesem Anlass Kristina Larischová ans Mikrophon gebeten. Sie leitet den Verwaltungsrat des Zukunftsfonds. Im Gespräch mit Radio Prag spricht sie über die Bedeutung des Fonds für den zivilgesellschaftlichen Dialog zwischen beiden Ländern, aber auch über Bereiche, in denen dieser Dialog noch recht schwach ausgeprägt ist.
Frau Larischová, der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds feiert heute in Prag sein 15-jähriges Bestehen – vor einigen Wochen gab es aus diesem Anlass bereits in Berlin eine Jubiläumsfeier. Den Festreden nach zu urteilen war die bisherige Entwicklung des Zukunftsfonds eine ungetrübte Erfolgsstory. Sehen Sie das auch so?
„Also, ich persönlich nehme diese 15 zurückliegenden Jahre auch als Erfolgsgeschichte wahr. Wobei natürlich nicht auf allen Gebieten die rege Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Tschechen immer die Regel war. Aber der Zukunftsfonds ist eben auch dazu da, um die Zusammenarbeit zwischen den Gesellschaften unserer beiden Länder zu beobachten und zu evaluieren. Und diese Festveranstaltung soll neben der Feier auch eine Selbstreflexion sein, um auch einen Ausblick wagen zu können: Was erwartet uns? Was wird in den nächsten mindestens fünf Jahren, in denen die Finanzierung noch gesichert ist, wichtig? Was können wir vielleicht besser machen? Und vor allem: Was halten unsere Partner, die bei uns Projektanträge stellen, von der Zusammenarbeit mit dem Zukunftsfonds?
Eine Art Zwischenbilanz. Wo sehen Sie persönlich den größten Erfolg des Zukunftsfonds – und wo haben Sie vielleicht auch Kritik?
„Das ist keine einfache Frage. Wenn ich etwas Persönliches dazu sagen darf: Ich habe mich lange Zeit, bevor ich Mitglied des Verwaltungsrates des Zukunftsfonds wurde, mit der Erforschung der internationalen Beziehungen auseinandergesetzt und auch zu den deutsch-tschechischen Beziehungen geforscht. Und ich war sehr, sehr überrascht, als ich gemerkt habe, dass neben dieser politischen Ebene der beiderseitigen Beziehungen auch eine große Vielfalt an Beziehungen zwischen den unterschiedlichsten Gruppen in unseren beiden Gesellschaften besteht. Und ich wage zu behaupten, dass der Fonds wirklich eine enorme Rolle dabei spielt, diese Aktivitäten auf beiden Seiten der deutsch-tschechischen Grenze zu unterstützen.“
Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds ist eine Initiative „von oben“ – er wurde von Politikern beider Länder infolge der Deutsch-Tschechischen Erklärung von 1997 ins Leben gerufen, und soll aber den Dialog „von unten“ fördern. Ist das nicht ein Widerspruch in sich - lässt sich so ein Dialog überhaupt von oben „verordnen“?
„Das kann man sicherlich nicht. Der Zukunftsfonds ist dazu da, jenen Einzelpersonen, Vereinen oder Schulen entgegenzukommen, die schon aktiv sind und irgendeine interessante Idee haben, was man im deutsch-tschechischen Bereich unternehmen kann. Der Fonds finanziert Projekte nur zu höchstens 50 Prozent. Das heißt, ohne eine Eigeninitiative von unten würde das überhaupt nicht funktionieren. Da, wo es bereits Initiative gibt, wollen wir noch ein bisschen helfen - und vielleicht die Richtung zeigen. Natürlich gibt es Themenbereiche, in denen wir uns etwas mehr Projekte wünschen würden. Und deshalb hat der Fonds – das ist eine ziemliche Neuigkeit – ein so genanntes Jahresthema initiiert. 2012 ging es um die Sprachförderung: Tschechisch in Deutschland und Deutsch in Tschechien, weil wir leider ein abnehmendes Interesse für die deutsche Sprache in Tschechien verzeichnet haben. Und dieses Thema des Jahres wird mit bis zu 70 Prozent gefördert. Damit setzen wir also ein Zeichen - hier sehen wir eine besondere Notwendigkeit, etwas mehr zu machen. In diesem Jahr haben wir ein anderes Thema: Es geht um Erziehung zur Demokratie und Prävention von Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus. Wir sehen, dass auf diesem Gebiet viel zu tun ist. Und vor allem weil sich Rechtsextremisten wunderbar über die Grenzen hinweg vernetzen, möchten wir zeigen, dass diejenigen, die dem etwas entgegenzusetzen zu haben, sich auch gut vernetzen und gemeinsame Projekte zur Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit in den Schulen, Gemeinden und Ähnliches planen können.“
Können Sie schon jetzt, nachdem Sie zweimal ein solches Jahresthema ausgerufen haben, feststellen, dass mehr Projekte in diesem Bereich entstanden sind?
„Schon jetzt lässt sich tatsächlich sagen – und wir freuen uns darüber –, dass verschiedene Menschen und Organisationen motiviert wurden, Projekte vorzulegen, die auf dieses Thema abzielen. Uns sind besonders Projekte wichtig, die die Jugend und so genannte Multiplikatoren als Zielgruppe haben. Und da lässt sich sagen, dass der Zukunftsfonds durchaus dem ein oder anderen Projekt auf die Beine geholfen hat.“
Der Zukunftsfonds hat in den letzten 15 Jahren rund 7500 Projekte gefördert – ein Großteil kam bis jetzt aus den Bereichen Schul- und Kulturaustausch. Welche anderen Bereiche, außer den beiden, die Sie zum Jahresthema ausgerufen haben, sind in Ihren Augen noch zu schwach vertreten?
„Die Arbeit mit Senioren. Rein aus demographischer Sicht ist das die Altersgruppe, die in unseren beiden Gesellschaften sehr stark vertreten ist. Aus diesem Grund hat das Deutsch-Tschechische Gesprächsforum den demographischen Wandel zum Thema seiner Jahreskonferenz im Herbst gewählt. Das ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil ein großer Teil der älteren Generationen beider Länder unter kommunistischer Propaganda stand, und sehr oft antideutsche Ressentiments geschürt wurden.“
Wie schätzen Sie die Bedeutung des Zukunftsfonds für den zivilgesellschaftlichen Dialog zwischen Tschechien und Deutschland ein – es gibt ja auch noch andere Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen, die sich in diesem Bereich engagieren...
„Ich glaube, wir sind als Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds in einem Punkt doch ein wenig anders als die anderen Stiftungen, die meist im Rahmen eines Großunternehmens entstanden sind. Wir verstehen uns nicht als diejenigen, die den beiden Zivilgesellschaften vorschreiben wollen, was sie zu machen haben. Wir sind eher dazu da, die Initiative, die aus sich selbst heraus entsteht, zusätzlich zu unterstützen. Und wir sind stolz auf etwas, das von den Antragsstellern besonders geschätzt wird: die unbürokratische Art und Weise, wie wir mit den Antragsstellern umgehen, und ein sehr transparentes Funktionieren.“
Wie sieht es mit der Zukunft des Zukunftsfonds aus? Ursprünglich war der Stiftungsfonds als „Anschubfinanzierung“ auf zehn Jahre angelegt. 2007 wurde er um weitere zehn Jahre verlängert. Was passiert danach? Kann man nicht eigentlich sagen: Der Dialog ist in Gang, die Mission ist erfüllt?
„Wir hören immer wieder von höchster politischer Ebene: Die deutsch-tschechischen Beziehungen sind die besten in der Geschichte. Klar, es stellt sich die Frage, was nach den nächsten fünf Jahren mit dem Zukunftsfonds passiert. Wir bemühen uns darum, auch mit Statistiken und Fakten zu beweisen, dass der Fonds als gute Investition in die bilateralen Beziehungen wahrzunehmen ist. Sie haben durchaus Recht, dass diese ganze Geschichte als Regierungsinitiative entstanden ist. Aber dadurch, dass wir jetzt immer wieder auch die Parlamentarier beider Länder einbeziehen, und auch die breite Zivilgesellschaft aktiviert wurde, entsteht etwas, das einzigartig ist. Und wie man im Deutschen sagt: Von nichts kommt nichts. Man muss den Politikern, dem Bundestag und den tschechischen Abgeordneten auch ganz klarmachen: Es ist wirklich eine Investition. Und ich hoffe sehr, dass sich auch die beiden nächsten politischen Vertretungen entscheiden, einen weiteren Beitrag für die Zukunft des Fonds zu leisten.“
Das Interview auf Radio Prag