Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds
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Ein Vierteljahrhundert nach der Durchtrennung des Stacheldrahts. Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds erinnert an die symbolische Öffnung der Grenze und ruft ein neues Thema des Jahres aus

 
 

(Prag) Man schrieb den 23. Dezember 1989, als die Außenminister Jiří Dienstbier und Hans-Dietrich Genscher an der Spitze der tschechoslowakischen bzw. deutschen Delegation nahe der Gemeinde Waidhaus symbolisch den Stacheldraht durchschnitten, der Tschechen und Deutsche voneinander trennte. Die Grenze wurde symbolisch geöffnet. Gleichzeitig ging in der Geschichte eine Etappe zu Ende, in der die Beziehungen zwischen der Tschechoslowakei und der Bundesrepublik Deutschland von gegenseitigem Misstrauen dominiert wurden. Auch heute – ein Vierteljahrhundert später – vergisst der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds nicht die Bedeutung dieser Geste am Beginn des Weges der Tschechoslowakei bzw. der Tschechischen Republik nach Europa. Er ist sich ebenfalls bewusst, dass die Möglichkeiten, die offene Grenzen mit sich bringen, aktiv weiterentwickelt werden müssen. Eben deshalb konzentriert er sich mit seinem für das Jahr 2015 ausgewählten Thema "Grenze verbindet" auf die Vertiefung der unmittelbaren grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

Die Pressekonferenz, die zu diesem Anlass am 18. Dezember 2014 in Prag stattfand, wurde mit einem Grußwort des Bundesaußenministers a.D. Hans-Dietrich Genscher eröffnet: „Der 23. Dezember 1989 wird mir genauso unvergesslich bleiben wie mein verehrter Kollege und Freund Jiří Dienstbier, mit dem ich an diesem Tage den Stacheldrahtzaun zwischen unseren Ländern durchschnitten habe. Und nicht weniger in Erinnerung bleibt mir jener Tag im Herbst 1968, als ich zusammen mit meinem damaligen Parteivorsitzenden und Vorgänger im Amt als Außenminister Walter Scheel in Prag im Hinterzimmer eines kleinen Lokals mit jungen Journalisten zusammentraf, die Alexander Dubček und den Prager Frühling unterstützten. Einer von ihnen war der viel zu früh verstorbene Jiří Dienstbier. Schon diese Daten zeigen die große Bedeutung, die die Entwicklung in der damaligen Tschechoslowakei für die europäische Freiheitsrevolution 1989 hatte. Das große Erbe dieser Freiheitsrevolution mit seinem mutigen Bekenntnis zu Menschenrechten, Demokratie und Freiheit darf nicht verspielt werden. Wir dürfen Europa, diese große Friedensidee, nicht den Gegnern der europäischen Einigung, den Kleinmütigen und den Zweiflern überlassen. Die Völker Europa haben nach dem Zweiten Weltkrieg gezeigt: Man kann aus der Geschichte lernen. Das ist ein gutes und ermutigendes Beispiel auch für andere Teile der Welt.“

An die Worte von Hans-Dietrich Genscher knüpfte der deutsche Botschafter in der Tschechischen Republik, Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven mit der Überlegung an, warum es wichtig ist, uns diesen Augenblick der Durchtrennung des Stacheldrahts in Erinnerung zu rufen. "Spätestens im Herbst 1989 wurde klar, dass sich Menschen ihre Freiheit nicht auf Dauer nehmen lassen. Am 30. September verkündete Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher Tausenden DDR-Flüchtlingen im Garten der Deutschen Botschaft in Prag, dass sie in die Bundesrepublik ausreisen dürfen. Weniger als zwei Monate später schnitt er mit seinem tschechischen Amtskollegen Jiří Dienstbier den Stacheldrahtzaun an der deutsch-tschechoslowakischen Grenze durch. Die damaligen Ereignisse erinnern uns daran, wie wichtig es ist, auch heute Zäune und Grenzen nicht nur zwischen Staaten, sondern auch in den Köpfen der Menschen abzubauen. Dabei sind die sehr guten deutsch-tschechischen Beziehungen auch ein Ergebnis alltäglichen Engagements vieler zivilgesellschaftlicher Initiativen und engagierter Einzelner beiderseits der Grenze," betonte der Diplomat vor den Journalisten. 

Auf die aktuelle Bedeutung der gemeinsamen Grenze wies Tomáš Kafka, Leiter der Abteilung Mitteleuropäische Staaten des Tschechischen Außenministeriums, hin, indem er erklärte: "Die deutsch-tschechische Grenze stärkt die gemeinsame Verantwortung. Zugleich weist sie uns besonders deutlich auf aktuelle Probleme unserer Welt hin. Diesen Problemen muss man sich gemeinsam stellen und es ist gut, dass dies in immer besserer und koordinierter Weise geschieht. "

Milan Horáček, der als Mitglied der deutschen Delegation am 23. Dezember 1989 die Durchtrennung des Stacheldrahts hautnah erleben konnte, betonte, was für ein emotionelles Erlebnis es für ihn war. "Aus der Tschechoslowakei ging ich im Jahre 1968 ‚über die Drähte‘ ins Exil. Und dann konnte ich bei einer symbolischen Öffnung der Grenze dabei sein. Für mich hatte es eine große persönliche Bedeutung" erklärte der Politiker, der später in den Beraterkreis des Präsidenten Václav Havel aufgenommen wurde.

Der ehemaliger Bürgermeister der Stadt Schönsee und Leiter der grenzüberschreitenden Kulturdrehscheibe Centrum Bavaria Bohemia (CeBB), Hans Eibauer, bemüht sich seit Jahren um eine nicht nur kulturelle Annäherung von Deutschen und Tschechen. "Wir planen 2015 eine Reihe von Veranstaltungen, bei denen die Begegnung und der Meinungsaustausch der Menschen in den bayerischen und tschechischen Nachbarregionen im Mittelpunkt stehen. Dazu gehört der deutsch-tschechische Stammtisch, erst kürzlich feierten wir in Schönsee den  sechzigsten "Štamtiš", weiter die Einladung an partnerschaftlich verbundene bayerische und tschechische Musikschulen, mit den Schülern ein gemeinsames Probenwochenende zu verbringen und zum Abschluss ein öffentliches Konzert zu geben. Außerdem verwandelten sich in diesen Tagen vier Schaufenster in ehemaligen Schönseer Geschäften zu Kunstgalerien mit Arbeiten von Künstlern aus Tschechien und Bayern geschmückt," erklärte Hans Eibauer und ergänzte, dass bayerische Projekte auch Bestandteil des Programms Pilsen – Europäische Kulturhauptstadt 2015 sein würden.

Wie der tschechische Geschäftsführer des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, Tomáš Jelínek, anführte, ist ein Ziel des Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds, dass die Nähe zur Grenze in immer größerem Maße als Bereicherung denn als Einschränkung wahrgenommen werde. So wird der Fonds im nächsten Jahr vorzugsweise Projekte fördern, die eine noch stärkere Annäherung der an der Grenze lebenden Menschen zum Ziel haben: "Wir hoffen, dass es uns gelingt, die zwischenmenschlichen Beziehungen über die Grenze weiter zu entwickeln. Dabei geht es nicht nur um neue Gelegenheiten zu Begegnungen und um den Abbau der Sprachbarrieren. Wichtig ist auch der Aufbau einer voll funktionierenden Bürgergesellschaft, die fähig ist, gemeinsame Probleme zu lösen."

Ein Vierteljahrhundert nach der Durchtrennung des Stacheldrahts.  Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds erinnert an die symbolische Öffnung der Grenze und ruft ein neues Thema des Jahres aus
 
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